Hochschule Kempten      
Fakultät Elektrotechnik      
Elektronik 3       Fachgebiet Elektronik, Prof. Vollrath      

Elektronik 3

08a Rauschen

Widerstandsmessung

Prof. Dr. Jörg Vollrath


08 Rauschen



"Elektronik/2024_08a_Elektronik3_WiderstandsRauschenMessung.html"
Dieses Dokument zeigt die praktische, preiswerte Umsetzung einer Widerstandsrauschmessung.
Es wird die Theorie des weissen Widerstandsrauschens erläutert, eine Simulation durchgeführt und eine Breadboardschaltung mit einer Batteriespannungsversorgung aufgebaut.
Der Effektivwert des Rauschens kann mit einem True RMS Multimeter oder einem Oszilloskop gemessen werden.
Zur Bestimmung der Verstärkung und Bandbreite der Schaltung muss die Übertragungsfunktion mit einem Signalgenerator und einem Oszilloskop bestimmt werden (Electronic Explorer, ADALM2000, Analog Discovery 2).

Überblick

Widerstandsrauschen



Mit einer Verstärkung von vu = 4416
und einer Bandbreite von fbw = 20 kHz
konnten bei Widerständen von 10 kΩ..100 kΩ
Effektivwerte zwischen 16..30 mV gemessen werden.

Die Bilder zeigen einen Überblick der Arbeit mit Simulationsschaltplan, Breadboardaufbau, gemessener Übertragungsfunktion und Zusammenfassung der Messergebnisse.
Der Schaltplan links oben für die Simulation verwendet AWG1 als Spannungsquelle für die Übertragungsfunktion.
Bei einer Rauschsimulation wird dieser Schaltungsteil abgetrennt und nur ein Widerstand mit dem Eingang des Operationsverstärkers Vin verbunden.
Beim praktischen Breadboard Aufbau rechts oben wurden 4 AA Batterien mit VP+ = 3 V und VP- = -3 V zur Spannungsversorgung (schwarzer Kasten rechts) eingesetzt.
Der minimale Rauscheffektivwert der Messung bei kleineren Widerstandswerten lag bei 14 mV.
Die Steigung der Ausgleichsgeraden von 0.0072 mV2 pro Ω
entspricht vu2 = 4 k T fbw R = 0.0069 mV2 R pro Ω in etwa dem erwarteten Wert.
Zur Messung der Verstärkung und des Frequenzganges wurde ein externes Sinus- und Rauschsignal mit einem Spannungsteiler (20 kΩ, 100 Ω) von 50 mV Amplitude auf 250 µV (Faktor 200) heruntergeteilt.
Mit einer Aluminiumabschirmung konnte für 200kΩ ein Schwingen des Ausgangssignals bei grossen Widerstandswerten vermieden werden.
Bei der Verwendung eines doppelten Spannungsteilers von 10kOhm und 100 Ohm, hatte die Übertragungsfunktion zwischen 1 kHz und 10 kHz eine zu kleine Verstärkung (Kapazitäten, Leckstrom).
Größere Verstärkung (10 statt 2) beim Filter führten auch zum Schwingen.
Es fehlen noch Bufferkapazitäten bei der Spannungsversorgung.
Das Oszilloskop des Electronic Explorers wurde mit einer Empfindlichkeit von 100mV/div und einer Zeitbasis von 1ms/div verwendet und der AC RMS Wert abgelesen.

Widerstandsrauschen

\( U_{rR}^2 (f) = 4 k T R \)
\( U_{rR,rms}^2 = 4 k T R \Delta f \)
\( U_{rR,rms} = \sqrt{4 k T R \Delta f} \)
k = 1.38 · 10 -23 J/K
T = 300 K
Spannungswerte haben eine Gaussverteilung
Vpp = 6.6 Vrms

(Cresting factor, Scheitelfaktor)
Simulation Rauschen mit FFT in Javascript
Beispiel: Δ f = 10 kHz

R [Ω]1k100k1M
Ur(f) [nV Hz-0.5] 4.1 41129
Urms [uV] 0.4412
Upp [uV] 2.424.477
Es sind sehr kleine Werte.
Kann man \( U_{rR,rms}^2 \propto R \) messen

Temperatur bewirkt als thermische Energie eine Bewegung der Ladungsträger in einem Widerstand und erzeugt eine messbare Spannung.
Dabei gilt die obige Formel für den Effektivwert.
Die Spannng ist abhängig von der Temperatur T, dem Widerstand R und der Bandbreite Δ f.
Bei bekanntem Widerstand, Temperatur und Bandbreite kann man die Boltzmann Konstante bestimmen.
Bei Änderung des Widerstandes oder der Temperatur kann man die Formel für den Rauschspannungseffektivwert bestätigen.
Die Tabelle zeigt typische Größenordnungen von Rauschspannungen, Rauschspannungsdichten und peak to peak Werten im µ V Bereich.
Aufgrund der Gaussverteilung gemessener Spannungswerte ergibt sich der Cresting Faktor von 6.6.
Dazu wurde eine JavaScript Simulation durchgeführt ( Simulation Rauschen mit FFT in Javascript).

Kann man die Eigenschaften von weissen Rauschen mit einer Simulation bestätigen?


1. Versuch
Zufallszahlen erzeugt mit Math.random() 0..1
Erzeugung der FFT und des Histogramms
2. Versuch
Erzeugung der FFT mit zufälliger Phase
Erzeugung der Zeitdaten und des Histogramms.
Gaussverteilung, Vpp = 6.6 Vrms (Cresting factor, Scheitelfaktor)

Spektrum und Noise Density
Ein Spektrum verteilt den Effektivwert auf NFFT einzelne Frequnezen.
Ein Spektrum normiert die Spectral Density mit 1 Hz.
Ae = 20 log(en)
Effektivwert vom Spektrum:
Ae + 20 * log(NFFT/2)

Widerstandsrauschen


\( U_{nR} = \sqrt{4 k T R BW} \)
\( U_{nR} = 0.128 \frac{nV}{\sqrt{\Omega Hz}}\sqrt{R BW} \)

\( BW = \frac{\pi}{2} f_{3dB} \)

Es wird die Bandbreite BW eines Tiefpasses mit dem Faktor \( \frac{\pi}{2} \) zu Grunde gelegt.
Die Grafik zeigt den Zusammenhang und typische Werte von Bandbreite, Widerstand und Rauscheffektivwert. Ein Widerstand von 1 MOhm hat bei einer Bandbreite von 100 Hz eine Rauschspannung größer 1 uV.
Thermisches Rauschen und Nyquist-Formel: Messungen (Lokal)
R / Ω BW / Hz UnR / V
10 k 10 k 1.28 µ
1 M 10 k 12.8 µ

Messschaltung: Operationsverstärkerschaltungsdimensionierung


Die Schaltung soll preisgünstig sein.

Man benötigt einen Verstärker (hohe Verstärkung, mehrere Stufen) mit Bandpass.
Die Eingangsspannungsrauschdichte des Operationsverstärkers muss kleiner als die Widerstandsrauschspannungsdichte sein.

Der Effektivwert soll mit einem Oszilloskop (oder True RMS Multimeter) gemessen werden.

LTSPICE Simulation


Die Simulation bildet die realisierte Schaltung ab.
Links sieht man den Spannungsteiler (R2, R17, R16) zur Bestimmung der Übertragungsfunktion.
Der Operationsverstärker TLC272 wird mit einer Verstärkung von vu1 = 48 und vu2 = 23 in nichtinvertierender Konfiguration verwendet.
Dabei wird die Bandbreite nicht zu sehr reduziert.
Die Widerstandswerte könnten noch reduziert werden, um den Beitrag zum Rauschen zu minimieren.
Der Stromverbrauch der Schaltung würde sich erhöhen.
Danach kommt ein Hochpass (fg = 1.6 kHz) und ein Tiefpass (fg = 16 kHz) mit jeweils einer Verstärkung von vu3 = vu4 = 2.
vu = vu1 · vu2 · vu3 · vu4 = 4416

Simulation Übertragungsfunktion (.ac)

.ac im Bereich von 1kHz bis 20 kHz.
Man verbindet den Vin1 Ausgang (R16/R17) mit dem Operationsverstärkereingang.
Man stellt V(V1), V(vout1), V(vout2), V(vout3) und V(vout4) dar und bestimmt Verstärkung und Eckfrequenzen.

Simulation Rauschen (.noise)

.noise im Bereich von 1kHz bis 20 kHz.
Ein Widerstand von 100 kΩ ergibt einen Effektivwert am Ausgang (< STR > click auf das Label) von 30 mV.
Ein Widerstand von 10 kΩ ergibt einen Effektivwert am Ausgang (< STR > click auf das Label) von 18.4 mV.
Eine Änderung der Bandbreite auf 100 Hz bis 200kHz ergibt 19.5 mV.

Simulationswerte


Tabelle
R / Ohm Urms (Uout4) / mVUout4pp = 6.6 Uout / mV
10016.4109
1 00016.6110
4 70017.4 115
10 00018.4 121
20 00020.1133
47 00024.2160
100 00030.6202
470 00058.3385
1 000 00083.2549

Messaufbau


In einer mit Aluminium ausgekleideten Pappschachtel liegt das Breadboard.
Links ist der Spannungsteiler realisiert. Der erste TLC272 realisiert die ersten 2 Verstärkerstufen. Der zweite TLC272 realisiert Hochpass und Tiefpass.
Das Signal des Widerstandsrauschens darf nach der Verstärkung den Ausgangsspannungsbereich des Operationsverstärkers nicht überschreiten.
vrnoiserms * 6.6 * vu < VB+
\( v_{rnoiserms} = \sqrt{4 k T R fbw} = \sqrt{4 k T 100 k\Omega 20 kHz} = 5.8 \mu V\)
vu = 4461
VB+ = 3 V
169 mV < 3V

Laborgeräte:
Electronic Explorer
Seitenschneider
True RMS Voltmeter (Bild, Bezeichnung)
4x AA Batteriehalter mit Batterien und Mittenanschluss

Teileliste (Verbrauchsmaterial):
Breadboard
Kabelsortiment
2x TLC272
Schaltungswiderstände 1%: 2x 100 Ohm, 12x 10 kOhm, 230 kOhm, 470 kOhm
Messwiderstände: (1 kOhm, 4k7 Ohm,) 10 kOhm, 22 kOhm, 47 kOhm, 100 kOhm, (220 kOhm, 470 kOhm, 1 MOhm)
Filterkondensatoren: 2x 1nF, 2x 10nF
Blockkapazitäten:
Pappschachtel
Aluminiumfolie

Realisierte Schaltung

>
Das Breadboard hat Beschriftungen für Zeilen (A..J) und Spalten (0..60), so dass Messpunkte oder externe Verbindungen spezifiziert werden können.

Top+(J33): VP+ (3 V), TOP-(J32): GND, Bottom+(J32): GND, Bottom-(J31): VP- (-3 V)
Signal out Vout4: C22, Vout3: B20, Vout2: B8
Signal in: A4 und Verbindung Draht H0, I9
Test Resistor: Bottom+ und I9


Messungen


Messergebnis Übertragungsfunktion



Einfacher Spannungsteiler 20 kOhm, 100 Ohm.
Die Ausgangsspannung wird von der Versorgungsspannung limitiert.


Doppelter Spannungsteiler 10 kOhm, 100 Ohm.

Die Delle in der Übertragungsfunktion zwischen 1 kHz bis 5/10 kHz kommt vom doppelten Spannungsteiler. Parallel zu den Widerständen liegt ein kapazitiver Teiler mit der Eingangskapazität des Operationsverstärkers vor.
Der größte Beitrag der Übertragungsfunktion liegt zwischen 10..15 kHz.

Messergebnis Rauschquelle


Eine Rauschquelle AWG1 (50 kHz, 50 mV) wird mit dem Spannungsteiler (10k) an den Eingang angeschlossen.
Im Oszilloskopbild (10 ms/div) sieht man die AC Effektivwerte:
C1(Quelle) 24 mV, C3(x48*22) 14 mV, C4 (HP,2) 27 mV, C2(HP,LP,4) 44 mV
100mV
C1(Quelle) 50 mV, C3(x48*22) 26 mV, C4 (HP,2) 54 mV, C2(HP,LP,4) 86 mV
200mV
C1(Quelle) 100 mV, C3(x48*22) 54 mV, C4 (HP,2) 108 mV, C2(HP,LP,4) 170 mV

Messergebnis Oszilloskopbild



Das Bild zeigt die Messung (C1, Ausgang des Verstärkers) für den 47 kOhm Widerstand mit C1(AC RMS) = 23 mV.

Messwerte


Tabelle und Kurve
R / Ohm Urms (Uout4) / mVUrms2 / mV2 True RMS meter / mV
100014196..
47001419614.3
100001625615.3
200001832417.8
470002457625.5
1000003090032.5geerdetes Gehäuse
10000047ohne geerdetes Gehäuse

Steigung der gemessenen Ausgleichsgeraden:
0.0072 mV2 S = 7.2 10-9 V S
4 k T fbw vu = 6.55 -9 V S
Die Steigung ist in der selben Größenordnung wie der theoretische Wert.
Unterhalb von 1 kOhm ist das Widerstandsrauschsignal zu klein und man misst das Rauschen der Schaltung.
Oberhalb von 100 kOhm schwingt die Schaltung und man bekommt am Ausgang nur die maximalen Spannungen.
Mit der geerdeten Alufolie als Abschirmung setzt das Schwingen erst oberhalb von 200 kOhm ein.


Agilent U1233A True RMS Multimeter

Zusammenfassung Widerstandsrauschmessung

Weitere Untersuchungen
  • Messung der Operationsverstärkereingangsrauschspannung
  • Ausweitung des Messbereichs von 10 kOhm..100 kOhm zu 100 Ohm.. 1 MOhm
  • Vergrößerung der Gesamtverstärkung
  • Verkleinerung der Widerstandswerte der Rückkoppelung
  • Messung der Temperaturabhängigkeit
  • Veränderung der Bandbreite
  • Vergleich Spannungsquelle Batterie versus Spannungsgenerator
  • Einfluss von Bufferkapazitäten

Quellen:
Thermisches Rauschen und Nyquist-Formel: Messungen (Lokal)